Unterricht aus der Dose
...oder Überlebenstraining
mal anders
Wir erinnern
uns...
"Der
nur von Rost und Kaugummi zusammengehaltene Blechcontainer wirkt dank
seiner künstlerisch gestalteten Außenhaut betörend und widerwärtig
zugleich. Trotz, oder vielleicht gerade wegen dieser eigentlich
menschenunwürdigen Umgebung finden sich unzählige Geschöpfe, scheinbar
ohne jede Ordnung aber mit einer gewissen Zielsicherheit hier ein, um sich
dann, gemeinsam mit ihren druidenartigen Meistern in einer Art Zirkel
zusammenzuschließen. Dort verharren sie, den wirren Lehren lauschend, in
der Hoffnung, diese werden sich, ähnlich wie bei Jules Verne, in ferner
Zukunft doch irgendwie als Wahr- bzw. Weisheit herausstellen."
("Das
Finale: Die Barracks" aus "Herda – Ultimo Ratio", Fluchtweg 12)
Wir hatten gehofft,
die Platzprobleme an unserer Schule würden sich irgendwann einmal lösen
lassen, aber jetzt hat es uns doch erwischt. Der Großteil der Kurse von
K12 und K13 wird in diesem Schuljahr wieder in der Dose abgehalten und so
mussten wir wohl oder übel einsehen, dass man sich nicht vom äußeren
Schein beeinflussen lassen sollte. Wir ahnten das Schlimmste... und es kam
schlimmer. Obwohl man bereits versucht hat, die Unterrichtsbedingungen
soweit wie möglich zu verbessern, sind die D-Bauten immer noch nicht das
Gelbe vom Ei. Aber bei dem Trubel hautnah dabei zu sein, muss man als
EGF-SchülerIn einmal erlebt haben. Für alle, die nicht mehr in den
"Altschüler-Container" ausgelagert werden, kommt hier eine kleine
Zusammenfassung der aufregenden Ereignisse, die sich einst "da drüben"
abgespielt haben. Die Darstellung ist zwar etwas übertrieben aber es
beruht alles auf wahren Begebenheiten!
Heizung gewinnt
Preis für kältestes Klassenzimmer
So muss
sich also der Teufel fühlen, wenn die Hölle einfriert. Es war eigentlich
ein ganz gewöhnlicher Wintermorgen und wieder einmal Zeit für eine
Doppelstunde Abenteuerunterricht in den D-Bauten.
Zu Beginn ahnten wir noch nicht, dass diese 90 Minuten ein Erlebnis werden
würden, dass wir garantiert so schnell nicht vergessen, denn irgendjemand
hatte am Vortag vergessen, das Fenster zu schließen; und das zu einer
Zeit, in der draußen die Obdachlosen erfrieren. Auf jeden Fall gab es
keinen Temperaturunterschied zwischen innen und außen mehr und so zogen
wir die dicken Winterjacken erst gar nicht aus.
Aber auch unser Lehrer musste schon sehr bald feststellen, dass nicht sehr
viel mit uns anzufangen war. Die Abfrage musste entfallen, weil der
geplante Schüler anscheinend an seinem Stuhl festgefroren war, die
Tafelanschrift konnte niemand lesen, weil der Atem die Sicht vernebelte
und unser Aufnahmevermögen ließ mit der Zeit nach, da sich die ersten
Gehirnzellen so langsam der Heizung anschlossen und sich in den
Winterschlaf begaben. Der einzige der sich an diesem Morgen wohlfühle, war
der Schnee, der über Nacht eingeweht wurde. Aber jetzt sind wir um eine
Erfahrung reicher: Wir wissen, wie es einer Pizza in der Tiefkühltruhe
ergeht. Das Gegenstück dazu (Pizza garen) kannten wir ja schon vom Sommer
am EGF, weil da die Fußbodenheizung besonders schön heizt.
Schüler
verletzte sich an Nussschnecke
Schuld
war ein zusammengebrochener Stuhl, von dem ein gerade frühstückender
Schüler überrascht wurde. Dabei bohrte sich die ebenfalls beteiligte
Nussschnecke in dessen linkes Nasenloch. Der Schüler musste mit heftigem
Nasenbluten ärztliche Hilfe aufsuchen.
Der Direktor, Herr Dr. Ramming, reagierte sofort und tauschte das zum Teil
morsche, holzwurmierte Inventar in Raum D2 gegen am EGF übrig gebliebene
Möbel aus.
Blendender
Unterricht
Besonders an sonnigen Tagen lief der Unterricht in den D-Bauten blendend
und das im wortwörtlichen Sinne. Gerade zur Mittagszeit hatte der Overhead
keine Chance mehr, Folien an die Wand zu werfen. Da sich trotz einigen
Beschwerden niemand dazu bereit erklärte, das Problem anzugehen, nahmen
wir es selbst in die Hand und besuchten das Stadtamt. Dort beantragten wir
einen Overhead mit einer Leuchtkraft von 10000 Lux (es sollte übrigens
keine Verarschung sein!). Es tat sich wieder nichts. Um so mehr wunderte
uns, dass eines Tages
Teppiche
Gardinen vor den Fenstern hingen. Danke! Aber die Folien können wir immer
noch nicht einsetzen, da der Overhead mittlerweile seinen Geist aufgegeben
hat.
Preisfrage:
Wie bekomme ich die verschlossene Tür der D-Bauten auf?
a) Ich warte auf einen
Lehrer, der einen Schlüssel besitzt
b) Ich betätige den
Türgriff mit einer Zugkraft von 500 Newton
c) Ich trete mit aller
Kraft dagegen
Lösung: B
a) Nicht ganz, das kann
ja jeder und außerdem war gefragt, wie du die Tür aufbekommst.
b) Richtig, dank der
perfekten Konstruktion der Eingangstür ist Einbruch kein Problem mehr.
c) Nein, so doch nicht!
Dabei fällt durch Kraftübertragung auf der anderen Seite höchstens ein
Fenster raus, aber die Tür bleibt zu.
Die
(Ver)Steckdosen
"Diese
Dose funktioniert anscheinend nicht. Zieh doch bitte den Stecker wieder
heraus!" beauftragte ein Lehrer einen seiner Schüler. Er ahnte jedoch
nicht, dass mit diesem Befehl der Rest seiner Unterrichtsstunde ein
unvorhergesehenes Schicksal erleidet.
Und so zog der Schüler den Stecker mit Steckdose und Kabelsalat aus der
Wand und zugleich die halbe Wand aus den D-Bauten. Seitdem werden in den
vier Räumen des Containers die Steckdosen grundsätzlich von der Tafel
versperrt.
Woher kommt der
Spruch "mit der Tür ins Haus fallen"?
Wir
wissen es – er kommt aus Dose. "Jetzt bin ich aber platt!" waren die
letzten Worte unserer Lehrerin, die wir noch verstehen konnten, nachdem
sie von einer Holztür überwältigt wurde. Der Griff zur Türklinge war ein
fataler Fehler, denn diese Tür öffnete sich waagrecht. Ihr Kollege, der
nach dem dumpfen Schlag nachsehen wollte, was passiert ist, fiel wenig
später mit der zweiten Tür in den Vorraum.
Die D-Bauten gaben dem Begriff "Falltür" ein ganz neues Aussehen.
...und eines Tages
werden alle Geschichten über die D-Bauten mit "Es war einmal" beginnen und
in einem "und wenn sie nicht verrostet sind, dann gibt es sie noch heute."
ein Ende finden.
© 25.02.1999
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